Verschwendung von Nahrungsmitteln – live & in Farbe

Ja, ich gestehe: Obwohl das Format schon lange nicht mehr die Wissenssendung ist, als die es auf dem Privatsender ProSieben ursprünglich ‚on Air‘ ging, schaue ich Galileo sonntags und auch unter der Woche immer wieder mal gerne. Denn es werden doch immer mal wieder recht interessante Themen behandelt und Wissenswertes erläutert. Eine Themensparte allerdings ist in meinen Augen dermaßen überflüssig, dass ich mich stets aufs Neue aufrege, wenn sie präsentiert wird. Die Rede ist von den XXL-Geschichten, serviert von ‚Jumbo Schreiner‘. Der gute Mann tourt durch Deutschland und die Welt, um bei der Entstehung des weltgrößten Reibeplätzchens oder der Guinessbuch-Rostwurst dabei zu sein. Er ist Galileoreporter im XXL-Format und berichtet von Essensportionen Maße Xtra-Xtra-Large, ganz im Geiste der Fast-Food-Industrie.

Dass eben diese Industrie dafür verantwortlich ist, dass in Deutschland und den übrigen reichen Industrienationen immer mehr Kinder und auch Erwachsene krankhaft dick sind, scheint die Macher von Galileo nicht zu beeindrucken. Adipositas und der durchschnittlich zunehmde Körperumfang der Bevölkerung sind eine wohlstandsbedingte Volkskrankheit. Ja, Krankheit! Und dagegen sollte man etwas unternehmen, dem entgegen steuern, damit sich daran etwas ändert. Der TV-Koch Jamie Oliver hat es in Großbritannien vorgemacht und frisches Essen in die Schulkantinen gebracht, weil der britische Nachwuchs immer dicker wurde. Fertigessen und Fast Food flogen vom Speiseplan. Wenn aber hierzulande zur besten Sendezeit ein Wissensmagazin über die heimischen Mattscheiben flimmert, das Essen in XXL-Portionen immer wieder unkritisch thematisiert und den übermäßigen Nahrungsmittelkonsum noch in den Mittelpunkt rückt, dann ist das dem Gedanken nicht gerade zuträglich. Die Medienschaffenden tragen doch eine Verantwortung ihren Konsumenten gegenüber. Wie pervers bitteschön ist es, wenn im deutschen Fernsehen 14.000 Scheiben Weißbrot für einen bescheuerten Rekordversuch genutzt werden, indem man sie in vier Stufen toastet (von leicht knusprig bis absolut verkohlt) und dann mit ihnen das Konterfei Einsteins legt? Wie kann es sein, dass die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Frau Ilse Aigner, dafür wirbt, dass weniger Nahrungsmittel in deutschen Hauslten im Müll landen und im TV – noch dazu in einer Wissenssendung – das Grundnahrungsmittel Brot in rauen Mengen als ‚Baumaterial‘ benutzt wird? Und diese zweckentfremdeten Nahrungsmittel anschließend nur noch in der Mülltonne landen?

Als Zuschauer frage ich mich ernsthaft, wie es denn sein kann, dass ein Sender mit dem jährlichen Event ‚Red Nose Day‘ soziales Engeagement zeigen möchte, Hilfsbedürftige und auch Hungernde in den unterentwickelten sowie notleidenden Teilen der Welt unterstützt und dann in einem so fragwürdigen Rekordversuch Lebensmittel in Masse zu Unterhaltungszwecken verbrät. Die andere Frage die sich stellt: Wer fühlt sich dadurch unterhalten? Ich jedenfalls nicht. Aber ich bin auch kein Freund von Fast Food und XXL-Portionen finde ich per se abartig.

Hier und jetzt bleibt mir jedenfalls nur zu sagen: Liebe Leute von ProSieben und Galileo, das war wirklich ein Satz mit ‚x‘!

Update 07/11/2011

Man soll ja auch zu seinen Fehlern stehen. In diesem Fall ist bei mir vor lauter Empörung über den Rekordversuch und eine erneute XXL-Folge mit Jumbo Schreiner untergegangen, dass das verwendete Weißbrot bereits abgelaufen war und damit nicht mehr als Nahrungsmittel zählt. Und angeblich sollen die Toastbrotscheiben anschließend an Schweine verfüttert worden sein. Lecker. Wenn bei uns am Frühstückstisch verbrannter Toast aus dem Toastgerät schoss, dann bestand die Mutti darauf, dass diese Scheiben in den Mülleimer wandern. Wegen Krebsgefahr und so. Aber vielleicht bringt verkohltes und angebranntes Weißbrot dem Geschmack des Schweinefleischs auch erst den richtigen Kick?! Jedenfalls bleibe ich dabei, dass dieser Rekordversuch absoluter Blödsinn war, den ProSieben noch mitgetragen hat. Denn wie sagte die Mutti ebenfalls – mit Essen spielt man nicht. Auch dann nicht, wenn es niemand mehr (außer ein paar armen Schweinen) essen will.